Während ich das Vorwort von „Wochenmarkt“ las, dachte ich mehrfach zustimmend: ja, genauso ist das. „Ich koche, wenn ich nach einem langen Tag nach Hause komme und keine Buchstaben mehr sehen kann“¹ oder keine Pixel mehr, wie in meinem Fall. Kochen ist so ein ausgezeichnetes Gegengewicht zur einseitigen und visuell geprägten Schreibtischarbeit, denn Kochen fordert alle unsere Sinne: schmecken, spüren, riechen, hören und auch sehen. Und es ist ein kreativer Akt: „Beim Kochen fasst man etwas an, man rührt, vermengt, verbessert, probiert herum… “.
„Wochenmarkt“ – dieses Wort macht das Tor auf zu einer wunderbaren Welt: bunte Stände, frisches Obst und Gemüse, Käse und Wurstwaren, geräucherter oder frischer Fisch und dazwischen Blumenhändler. Düfte wehen einem entgegen, man freut sich darauf Neues zu entdecken und Freunde zu treffen – ob im Heimatort oder im Urlaub. Beim Einkauf auf dem Markt habe ich die Möglichkeit die unverpackte Ware zu berühren, daran zu riechen und eventuell zu kosten. Auch das ist sinnlich. Zudem kann ich mit Erzeugern sprechen und mich beraten lassen. Ein Supermarkt kann das nicht leisten, wobei es mir dort oft ähnlich geht wie Elisabeth Raether: „Ich gebe zu, das ich selbst einen Einkauf im Supermarkt interessant finde, ich verbringe sinnlos viel Zeit bei den türkischen, asiatischen und russischen Lebensmittelhändlern, die es hier in Berlin gibt.“¹ (Allerdings verwirrt mich, dass sie sich hier wieder ganz anders dazu äußert.)
Eine Stärke des Kochbuchs sind Gerichte, deren Zubereitung mehrheitlich nicht zuviel Zeit in Anspruch nimmt. Worum es der Redaktion des ZEIT Magazins ging, als die Kolumne „Wochenmarkt“ geschaffen wurde, ist Kochen ohne Leistungsdruck und Perfektionismus. Rezepte, an die man sich ran traut, auch wenn einem das Gericht bis dato vielleicht als recht komplex erschien. Rezepte, die da pragmatisch sind, wo Pragmatismus Sinn macht und detailverliebt, wenn es dem Geschmack oder der Qualität dient.
Die regionale und damit saisonale Küche gehört selbstverständlich zu der Idee von „Wochenmarkt“. So ist das Buch in vier Kapitel gegliedert: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Ganz einfach eben. Allerdings wäre ein Hinweis auf die jeweilige Jahreszeit in der fortlaufenden Paginierung des Buches schön gewesen, um sich beim alltäglich Gebrauch einfacher orientieren zu können.
Zudem würde eine schmalere Spaltenbreite für die Rezepte der besseren Lesbarkeit dienen. So verrutscht man schnell in der Reihenfolge der Zeilen, wenn man im Eifer des Gefechts noch einmal nachlesen möchte, was als Nächstes zu tun ist. Ansonsten ist die schlichte Buchgestaltung klassisch-zeitlos gehalten. Nachhaltig – und ganz im Stil des ZEIT Magazins.
Auch das Uneitle der Rezept-Fotos mag ich sehr. Nicht immer sieht man das fertige Gericht. Mal sind es auch nur die appetitlich arrangierten, doch nicht übermäßig gestylten Zutaten. Die Fotografen Jason Lowe und Silvio Knezevic kochen zuvor, was sie da so schön bodenständig ablichten. Das ein Foodfotograf selbst kocht ist ja nicht zwangsläufig die Regel, tut der Sache jedoch sichtbar gut. So transportieren diese Fotos, was das Anliegen der Rezeptkolumne ist: KEIN exklusives „Hochglanzkochen“, sondern ausprobieren und sich ins einfache Kochvergnügen stürzen, denn „in seiner eigenen Küche kann man machen, was man will“².
Meine Lieblingswochenmärkte? In Berlin die Märkte am Winterfeldtplatz, Boxhagener Platz, in der Markthallen Neun und ein ganz kleiner hier im Kiez auf der Seelower Straße. Und in Rhein-Main der Mainzer Wochenmarkt um den Dom und der Offenbacher Wochenmarkt.
Wochenmarkt – Die frischen, einfachen Rezepte aus dem ZEIT Magazin
Elisabeth Raether
erschienen Oktober 2014 im Bloomsbury Berlin Verlag
ISBN 978-3-8270-1259-3
Leseprobe
Vielen Dank an den Bloomsbury Berlin Verlag für die Zurverfügungstellung des Buches.
Alle Fotos in diesem Beitrag: Nicola Holtkamp
¹ Aus „Wochenmarkt“ von Elisabeth Raether, Seite 9, Bloomsbury Berlin Verlag 2014
² Aus „Wochenmarkt“ von Elisabeth Raether, Seite 11, Bloomsbury Berlin Verlag 2014
Portrait Elisabeth Reather auf im Beitrag abgebildeter Kochbuchseite 2: Andreas Lux
Hinter Nocali steht Nicola. Wandelnd, gestaltend und mit der Profession, die inneren Zusammenhänge durch äußere Formen darzustellen.
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4 Comments
Danke für die schöne Buchvorstellung. Ich liebe Kochbücher, auch wenn das eigentliche Kochen dann meist eher improvisiertes free-style Tun ist. Und beim „Wochenmarkt“ des Zeitmagazins schaue ich auch immer mal gerne rein, vielleicht landet das Buch mal auf meiner Wunschliste /wobei: eigentlich habe ich schon viel zu viele Kochbücher….).
Auch bei mir ist Kochen Entspannung und ein geliebter Ausgleich nach einem Tag voll Schreibtischarbeit und Pixelschubserei :-)
Achja und die Wochenmärkte: Mainz und Offenbach ist toll, Wiesbaden auch, hier in Kronberg kommen wir da leider viel zu kurz….
LG, Mecki
Ich muss zugeben, den Wiesbadener Wochenmarkt fand ich während meiner „Kurstadt-Wohnzeit“ immer etwas langweilig. Der Erzeuger-Markt auf der Konsti hat ein guten Angebot, aber die Location ist halt so … Konsti eben. ;) In Sachsenhausen gibt es nun Samstags den „Markt im Hof“ https://www.facebook.com/marktimhof . Eher kleiner, doch das muss ich mir mal anschauen, wenn ich in Rhein-Main bin. LG, Nicola
Das Buch sieht toll aus und klingt gut! Es landet direkt auf meinem Wunschzettel. Danke für die inspiration!
viele Grüße
Berit
Gerne Berit. Es ist definitiv kein Coffee Table Book, das Staub ansammelt, sondern eines zum machen. :)