Dies ist Teil 2 eines Reiseberichts, den mein Vater 1966 geschrieben hat – im Anschluß an eine lange Reise gemeinsam mit meiner Mutter durch Griechenland.
– Zu Teil 1. Zu Teil 3 –
Der Saronische Golf ist im Gegensatz zum südlichen Griechenland sehr fischreich, und in den vielen kleinen Fischernestchen liegt eine große Flotte von Sardinenfängern. Solch ein Sardinenzug besteht meist aus sieben Booten. Allesamt Kaikis, die am Bug und Heck gleich spitz sind und gleich gut vorwärts und rückwärts fahren können. Der Zug fährt als Schleppzug aus, d. h. das Motorschiff mit sieben Mann Besatzung zieht ein Netzboot mit sechs Mann und fünf kleine Lichtboote mit je zwei großen Karbidlampen und einem Mann Besatzung. Ich habe schon oft versucht, im Mittelmeer mit zum Fischen zu fahren. Ohne Erfolg. Auf Euböa ging es sofort, und damit nicht genug, die Fischer haben sich am nächsten Morgen sogar für unsere Gesellschaft bedankt. Um vier Uhr nachmittags ging es los. Eine herrliche Schleppfahrt quer durch den Golf, vorbei an kleinen Inseln, versteckten kleinen Häfen und Buchten.
Nach zwei Stunden kam Leben ins Schiff. Der Anker wurde gelichtet, Apostoli Patsas, der Kapitän, ließ den Motor an und tuckerte, das Netzboot im Schlepp, an seinen Lichtbooten entlang. Es brüllte kehliges unverständliches Griechisch hinüber und herüber. Jim übersetzte: „Kapitän fragt, was siehst du, wie groß, wieviel, sollen wir noch warten. Die großen Lights machen Wasser hell wie Sonne und die Sardinas denken Good Morning. Gut Fisch muß sein lang wie eine Hand. Heute alles viel kleiner. Wir nie wissen, wo groß Fisch, wo klein Fisch, wo viel Fisch. Heute nicht gut. Heute klein Fisch. Wir jetzt anfangen.“
Auf Eselskarren werden die Sardinen weggefahren, das Schiff und die Netze versorgt und dann gehts zum Frühstück ins Kafeneion. Es gibt gekochte Sardinen mit Porree, Knoblauch, Zwiebeln und Oliven, dazu Brot und Retsina. Viele Besatzungen haben angelegt. Die anderen essen ihre Sardinen in Öl, die einen als Suppe und wieder andere gegrillt. Der gelbe Retsina fließt in Strömen. Und da ein Fischer nachts fischt, tagsüber schläft und nachmittags schon wieder ausfährt, so bleibt ihm zum Trinken und Tanzen nur der frühe Morgen. Der Spaß ist kurz, aber umso intensiver. Ich habe selten Leute gesehen, die morgens um neun schon so lustig waren, und noch nie jemanden, der um diese Zeit Sirtaki getanzt hat.
Zigaretten als Geschenk nahm Apostoli nicht an. Im Gegenteil, er war echt beleidigt. Ich hatte ihn fotografiert und ihm Vergrößerungen geschickt. Die Post muß ihn wohl zufällig in seinem Heimathafen erreicht haben, jedenfalls erhielt ich schon vier Tage später einen langen Brief. In Deutsch.
An jenem Morgen beschloss Apostoli, mindestens noch ein paar Tage im westlichen Golf zu fischen und somit mussten wir also über Land zurück. Entfernung ca. 60km.
Im Dunkeln kamen wir zu unserem einsamen Zelt zurück, das einzige an einem ca. 2km langen Sandstrand. Nik, ein Grieche, der zehn Jahre in Australien war, fleißig gespart hatte und nun eine weiße Pension am Strand baute, wartete auf uns. Er hatte ein wenig auf unser Zelt aufgepasst.
Alle Fotos in diesem Beitrag: © Usch und Gerd Holtkamp, Griechenland 1966
Hinter Nocali steht Nicola. Wandelnd, gestaltend und mit der Profession, die inneren Zusammenhänge durch äußere Formen darzustellen.
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